Die Heidelbeere als Heilpflanze – bewährtes Hausmittel bei Durchfällen und mehr

by wildemoehre

Die Heidelbeere ist ein beliebtes Obst des Hochsommers. Sie färbt die Zunge und Finger blau und und eignet sich darüber hinaus wunderbar zum Färben von Textilien und Lebensmitteln. Aus ihr lassen sich herrliche Köstlichkeiten von Heidelbeer-Datschi über Marmelade, Kompott, Fruchtleder, bis hin zu Heidelbeer-Eis herstellen. Auch zur Verfeinerung von Wildgerichten und Saucen ist sie ganz fein. Die Heidelbeere wird auch Blaubeere genannt, als solche bleibt sie mir in meinen Kindheitserinnerungen unvergessen. In unseren Schweden-Sommerurlauben haben wir in den Wäldern die kleinen, aromatischen Beeren gepflückt und ganz besonders habe ich als Kind natürlich das schwedische “Blåbär-Eis” geliebt, das nicht nur wegen seiner intensiven Farbe etwas ganz Besonderes war. Es schmeckte herrlich und es gab dieses Eis für uns eben nur in den Ferien. In der Zwischenzeit habe ich viel über Pflanzen gelernt und weiß, dass sie meistens nicht nur lecker, sondern auch heilsam sind. Unsere Wildheidelbeere (Vaccinium myrtillus) zum Beispiel, ist nicht nur eine heilsame Nahrung, nein, sie ist auch eine Heilpflanze.

"Beerige" Farbtöne entstehen auch beim Färben von Textilien mit Heidelbeersaft - bezaubernd!

Kurzer botanischer Abriss der Heidelbeere

Vaccinium myrtyllus

Die Heidelbeere ist ein altes Mittel der Volksheilkunde, ihre Verwendung ist seit dem 12. Jahrhundert belegt. Der Halbstrauch, welcher der Familie der Heidekrautgewächse angehört, kommt in den Wäldern und Mooren Nord- und Mitteleuropas sowie typischerweise in den Heidelandschaften vor. Heide, das ist die Bezeichnung für einen bestimmten Landschafts- und Vegetationstyp. Es handelt sich dabei um Landstriche, die aufgrund ihrer Bodenbeschaffenheit ziemlich unfruchtbar sind und deswegen nicht bebaut bzw. für die landwirtschaftliche Nutzung nicht urbar gemacht wurden. Sie sind in der Regel geprägt durch den Bewuchs von Zwergsträuchern und Sträuchern, die sehr oft der Familie der Heidekrautgewächse zuzurechnen sind. Der Name “Heidelbeere” bezieht sich so auch auf die “Heide”, im Sinne von “Stauden- oder Buschbeere”. “Myrtillus” bezieht sich auf die Blattform, welche der Myrte ähnelt. Die Heidelbeere hat kantige und stark verzweigte Stengel, die Blätter sind eiförmig, kurzstielig, wechselständig und am Rand leicht gesägt. Im Frühjahr stehen die kleinen, glockig-kugeligen Blüten einzeln oder zu zweit in den Blattachseln. Sie sind grün und oft ein bisschen rötlich überlaufen. Im Sommer kommen dann die blauschwarzen kleinen Beeren zur Fruchtreife und können geerntet werden. Die heilkräftige Wildheidelbeere ist allerdings nicht zu verwechseln mit der Kulturheidelbeere, welche es in der Obstabteilung zu kaufen gibt. Diese Kulturheidelbeeren sind größer und haben ein helles Fruchtfleisch, während die kleinen Wildheidelbeeren ein tief blaues Fruchtfleisch besitzen.

Verschiedenen Anwendungen & Zubereitungen

Die Volksheilkunde kennt verschiedene Anwendungen und Zubereitungen von Heidelbeeren. So wird die Heidelbeere u.a. bei Durchfall, aber auch im gegenteiligen Fall, nämlich bei Verstopfung, verwendet. Auch bei Wurmerkrankungen, Zahnfleisch-, Rachen- sowie Halsentzündungen und sogar bei Diabetes wird die Heidelbeere in der Volksheilkunde eingesetzt. Und wer unter Nachtblindheit leidet oder mit dem Rauchen aufhören möchte, kann es auch einmal mit der blauen Beere versuchen. Je nachdem, werden in der Volksheilkunde die Blätter oder die Beeren hergenommen. Da die Blätter aber Stoffe, wie beispielsweise Arbutin enthalten, wird heute jedoch eher von der innerlichen Einnahme der Blätter abgesehen. Arbutin wird bei der Verstoffwechslung zu Hydrochinon und das hat bei höherer bzw. falscher Dosierung eine leberschädigende Wirkung und steht unter dem Verdacht, mutagen (erbgutverändernd) oder gar kanzerogen (krebserzeugend) zu sein. Für arbutinhaltige Drogen wurde folgender Hinweis formuliert: “Nicht öfter als fünfmal im Jahr und nur eine Woche lang, nicht in der Schwangerschaft oder Stillzeit, nicht bei Kindern.” Vor diesem Hintergrund eignen sich für die Verwendung in der Hausapotheke wohl die Beeren, also die Früchte der Heidelbeere am Besten. Im Gegensatz zu den Blättern können diese auch bei Schwangeren und Kindern verwendet werden. Von der Kommission E ist die Wirkung der Heidelbeerfrüchte übrigens bei Durchfall und Entzündungen im Mund- und Rachenbereich anerkannt. Die Heidelbeerblätter erhielten hingegen eine Negativ-Monographie. Hinter der Kommission E  steht eine selbstständige, wissenschaftliche Sachverständigenkommission für pflanzliche Arzneimittel des ehemaligen Bundesgesundheitsamtes (BGA) und des heutigen Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Deutschland. Die Aufgabe der Kommission bestand bis 1994 darin, wissenschaftliches und erfahrungsheilkundliches Material über die erwünschten und unerwünschten Wirkungen von Heilpflanzen zu erfassen und zu bewerten. Heute werden die Monographien durch die ESCOP (European Scientific Cooperative on Phytotherapy) erstellt. 

Die Heidelbeere ist nicht nur als gesundes und antioxidatives Lebensmittel ein Schatz, sie ist auch eine Heilpflanze.

Frisch oder getrocknet?

Die frischen Früchte werden bei Verstopfung empfohlen.  Während die frischen Heidelbeeren sowie auch der Heidelbeer-Frischsaft Fruchtsäuren enthalten, die  eine leicht abführende Wirkung verursachen, haben die getrockneten Heidelbeeren eine adstringierende, stopfende Wirkung und können gut bei Durchfällen verwendet werden.

Verwendung der frischen Heidelbeeren

Wer unter Verstopfung leidet, dem kann der Verzehr frischer Heidelbeeren helfen. Alternativ können die frischen Heidelbeeren auch entsaftet und der Saft getrunken werden. Am effektivsten entsaftet man die Heidelbeeren mit einem elektrischen Entsaftungsgerät. Die Beeren können aber auch im Mixer zerkleinert und dann durch ein Tuch gedrückt und abgeseiht werden. Der Heidelbeer-Rohsaft ist ein natürliches Hausmittel zum Spülen und Gurgeln bei Rachen- und Halsentzündungen sowie bei Zahnfleischentzündungen. Bei Entzündungen im Mundinnenbereich kann statt Spülen und Gurgeln mit Rohsaft aber auch das Kauen frischer oder getrockneter Heidelbeerfrüchte helfen. Der Saft wirkt sowohl entzündungshemmend als auch schmerzstillend.  Er soll außerdem “Rauchermundgeruch” beseitigen und häufig getrunken, sogar einen Widerwillen gegen das Rauchen erzeugen, sofern man kein heftiger Kettenraucher ist. Diese Anwendung habe ich jedoch an mir nie erprobt, da ich zu den “glücklichen”, niemals auch nur eine einzige Zigarette rauchenden Menschen zähle. Bei anderen hatte ich ebenso nie die Gelegenheit, dies beobachten zu können, aber einen Versuch ist es sicherlich wert. Über Erfahrungsberichte hierzu würde ich mich freuen! Vor allem früher, wurden frische Heidelbeeren auch bei Wurmerkrankungen eingesetzt. Hierzu wurde kurmäßig über einige Tage strenge Diät gehalten und alle zwei Stunden ein Stamperl Rohsaft getrunken oder alle zwei bis drei Stunden rohe Heidelbeeren gegessen. Dies  soll zum Abgang der schädlichen Parasiten geführt haben.

Heidelbeerbrei aus getrockneten Beeren

Heidelbeertee aus getrockneten Beeren

Verwendung der getrockneten Heidelbeeren

Getrocknete Heidelbeeren wirken adstringierend und stopfend, daher sind sie ein bewährtes Hausmittel bei Durchfällen. Früher wurde sogar die Ruhr damit behandelt. Hierfür werden mehrmals täglich 10 g der getrockneten Heidelbeeren gekaut oder aber ein Tee zubereitet, indem 10 g der getrockneten Beeren angequetscht und mit 150 ml kaltem Wasser angesetzt und zum Sieden gebracht werden. Die Beeren dann zugedeckt 10 Minuten ziehen lassen und abseihen. Verantwortlich für die gute Wirkung bei Durchfällen sind vor allem Gerbstoffe und Pektine. Die Gerbstoffe ziehen zusammen und schützen die Darmschleimhäute vor dem Eindringen weiterer Bakterien und binden Schadstoffe. Die Pektine binden Flüssigkeit, sie verfestigen den flüssigen Stuhl ein wenig und binden ebenfalls Schadstoffe. Der Tee kann übrigens auch gut zum Gurgeln bei Entzündungen oder zur äußerlichen Anwendung (Auflagen, Waschungen) bei Wunden und Hautausschlägen) genutzt werden. Alternativ kann aus den getrockneten Beeren ein Brei hergestellt werden, der mehrmals am Tag gelöffelt wird. Hierzu werden die getrockneten Früchte knapp mit Wasser bedeckt, darin eingeweicht und ein wenig angequetscht. Die Tagesdosis liegt bei 20 bis 60 Gramm Heidelbeeren. Sollten Durchfälle sehr stark und keine Besserung erkennbar sein, ist natürlich ein Arzt zu konsultieren, da sie unter Umständen, vor allem durch Austrocknung, lebensbedrohlich sein können.  Vor allem bei Kindern ist hier höchste Vorsicht geboten. Die Heidelbeeren können selbst im Dörrgerät oder Backofen getrocknet werden. Ich habe die Heidelbeeren zunächst im Ofen bei 40 Grad angetrocknet und dann an warmen Sonnentagen weiter, zugedeckt, luftgetrocknet. Natürlich ist beim Trocknungsprozess Schimmel unbedingt auszuschließen. Wem das Selbersammeln und Trocknen zu aufwendig ist, der kann getrocknete Beeren auch in der Apotheke, im Reformhaus oder vom Biohersteller, z.B. Sonnentor*, kaufen. 

*Werbung unbezahlt

Vergoren mit Zucker erhält man Heidelbeerwein, auch ein bewährtes Hausmittel bei Durchfällen.

Heidelbeerwein

Durch Vergähren mit Zucker, erhält man Heidelbeerwein. Auch dieser kann bei Durchfällen verwendet werden. Hierzu werden die frischen Beeren zerdrückt und ungefähr fünf Tage lang mit einem Tuch bedeckt bei Zimmertemperatur stehen gelassen. Dann drückt man sie durch ein Tuch und seiht sie in einen Kochtopf ab. Zu einem Liter Saft wird 1 kg Zucker hinzugefügt und unter Rühren 5 Minuten gekocht. Der Saft wird noch heiß in sterile Flaschen gefüllt und gut verschlossen. Kühl gelagert hält der Wein bis zur nächsten Heidelbeersaison. Nach dem Öffnen sollte er aber schnell verbraucht werden, daher besser in kleine Portionen aufteilen. Wurde der Wein nicht für Heilzwecke benötigt, können damit auch Süßspeisen oder Saucen verfeinert werden.

Anmerkung: Es handelt sich hierbei nicht um ein alkoholisches Genussgetränk. Die Zubereitung ist eher einem Sirup ähnlich.

Heidelbeerblätter werden vor der Fruchtreife gesammelt. Bei zu hoher Dosierung oder zu langer Verwendung können jedoch bei innerlicher Anwendung Vergiftungserscheinungen auftreten. Eine äußerliche Anwendung ist in diesem Hinblick unproblematischer.

Getrocknete Heidelbeerblätter

Früher gebräuchlich - und heute?

In der Volksmedizin werden auch die gerbstoffreichen Heidelbeerblätter angewendet, So wird bzw. wurde der Tee beispielsweise bei Durchfällen, aber auch bei Harnröhrenentzündungen, Blasenschlaffheit und auch bei Zuckerkrankheit innerlich angewendet. Vor allem Letzteres macht natürlich die ärztliche Überwachung der Krankheit nicht überflüssig. Zudem ist bei der Verwendung der Heidelbeerblätter auf eine geeignete Dosierung zu achten, da diese Stoffe enthalten, die bei einer zu hoch dosierten oder langfristigen Einnahme zu Vergiftungserscheinungen und ggf. anderen ungewollten Nebenwirkungen führen können. Der Tee wird zubereitet, indem 1 bis 2,5 Gramm fein geschnittene Blätter mit 150 ml heißem Wasser übergossen und zugedeckt fünf Minuten ziehen gelassen werden. Bei zu langer Ziehzeit kann der Gerbstoffgehalt des Tees sehr hoch sein. Zu viele Gerbstoffe können zu schmerzhaften Reizungen der Magen- und Darmschleimhäute führen. Arbutinhaltige Drogen, wie die Heidelbeerblätter,  sollten innerlich, wenn überhaupt, nicht öfter als fünfmal im Jahr und nicht länger als eine Woche eingenommen werden. Bei längerer Zuckerkrankheit, werden dem Kraut daher auch andere Kräuter, wie beispielsweise Brennnessel (Urtica dioica), Löwenzahn (Taraxacum officinale), Schafgarbe (Achillea millefolium) oder Tausendgüldenkraut (Centaurium erythraea) beigemischt. Für Schwangere und Kinder ist die Nutzung der arbutinhaltigen Blätter ganz ausgeschlossen. Warum von der innerlichen Anwendung der Blätter jedoch in der Regel inzwischen abgesehen wird, habe ich bereits weiter oben unter dem Punkt “Verschiedene Anwendungen & Zubereitungen beschrieben”.  Ich persönlich lasse lieber die Finger von giftigen bzw. von umstrittenen Pflanzen und Pflanzenteilen, da sich für die einfache Hausapotheke in der Regel ausreichend unproblematische Alternativen finden lassen und ich den Einsatz und die Dosierung lieber Fachleuten, wie Ärzten, Naturheilkundlern oder Homöopathen überlasse. Im Zweifel ist die Einnahme ohnehin unter Anleitung einer fachlich kompetenten Person bzw. eines Arztes durchzuführen. An dieser Stelle sei angemerkt, dass auch die Beeren, zumindest einen positven Einfluss auf Blutzucker und Cholesterin zeigen und auch ein gutes Mittel zur Vorbeugung sind. Bei der äußerlichen Anwendung des Heidelbeerkrautabsuds hingegen, sind keine Vergiftungserscheinungen zu erwarten. So kann ein starker Aufguss als Auflage, Waschung oder Bad bei Wunden und Hautausschlägen gute Dienste leisten. Für ein Bad 150 g  Heidelbeerblätter mit zwei Litern kaltem Wasser aufkochen, zugedeckt 20 Minuten ziehen lassen und den Absud dann ins Badewasser geben. Um ihre Heilwirkung zu entfalten, sollen die Blätter vor der Fruchtreife gesammelt werden.

Ihr Lieben, ich hoffe, es war für euch interessant! Es lohnt sich, ein paar Heidelbeeren mehr zu sammeln und damit die Hausapotheke zu bevorraten. Und wenn ihr sie nicht braucht, könnt ihr sie ja noch immer zur Verfeinerung von Speisen verwenden. In diesem Sinne… Bleibt gesund und noch ein Tipp: Mit einem Heidelbeerriffel tut ihr euch mit der Ernte der kleinen Beeren viel leichter.

Alles Liebe!

Eure Wilde Möhre

Disclaimer! Wenn man selber Wildpflanzen sammelt und diese nutzt, muss man in der Lage sein, die Pflanze zu hundert Prozent sicher zu erkennen. Bei Unsicherheit ist von der Nutzung unbedingt abzusehen! Die auf dieser Seite zur Verfügung gestellten Informationen sind sorgfältig zusammengetragen und recherchiert. Dennoch übernimmt der Anbieter dieser Webseite keine Gewähr für die Aktualität, Vollständigkeit und Richtigkeit der bereitgestellten Seiten und Inhalte. Die vorgestellten Hausmittel und Rezepturen ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Anwendung bei Babies, Kleinkindern, Kindern, Schwangeren und Menschen mit Bluthochdruck sollte in jedem Fall unter ärztlicher Begleitung bzw. nur mit vorheriger Abklärung durch einen Arzt erfolgen. Bei unklaren, schweren, akuten und anhaltenden Gesundheitsbeschwerden reichen Hausmittel nicht aus und es sollte ein Arzt konsultiert werden. Das Nachmachen der Rezepturen und die Anwendung der Tipps geschieht auf eigene Verantwortung.

Zuletzt geändert am 16.01.2021

Fotos: ©Silja Parke bzw. Heidelbeerstrauch entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0 von der kostenlosen Bilddatenbank Pixabay  entnommen.

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3 comments

Fermentierte Karotten mit Senf & Thymian | Wilde Möhre Blog 11. September 2019 - 00:42

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PeggyNeiß 27. März 2020 - 12:24

Ich bin durch Zufall über die Seite gestolpert und muss sagen. Wunderschön und mit viel Liebe gestaltet. Ich LIEBE Heidelbeeren und bekomme direkt Laune deine Idden umzusetzten. Vor allem HeidebeerTee ist eine leckere Option, egal zu welcher Jahreszeit. Danke für soviel Herzblut.

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wildemoehre 29. März 2020 - 14:39

Vielen lieben Dank für das nette Feedback. Das freut mich wirklich sehr und motiviert zum Weitermachen. 🙂

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