Eine der ersten Pflanzen, die man im Jahr nutzen kann, ist die Gemeine Hasel (Corylus avellana). Während die nahrhaften Haselnüsse erst im Herbst reif werden, bieten sich uns jetzt einmal die „Haselkätzchen“, welche von manchen auch liebevoll als „Würstel“ bezeichnet werden, an. Sie hängen in Massen an den Sträuchern und fangen meistens ab EndeFebruar, dieses Jahr bereits etwas früher, nämlich im Januar, an zu blühen. Zum Leidwesen vieler Allergiker, befindet sich dann in rauen Mengen der gelbe Blütenstaub in der Luft. Habt ihr den schon einmal gesehen? Es genügt mit dem Finger gegen ein blühendes Haselkätzchen zu schnippen, dann staubt es nur so. Aber es gibt noch viel mehr zu entdecken, wenn man einen Haselstrauch im Vorfrühling genauer unter die Lupe nimmt und nicht unbedingt zu den Allergikern zählt, kann man man mit den Haselkätzchen auch einiges anfangen.


Von der Knospe bis zur Blüte
Auch wenn zum Jahresbeginn noch nicht viel Grün zu sehen ist, lohnt es sich hier und da genauer hinzuschauen. Vielen fällt es tatsächlich erst auf, wenn sie anfangen, sich mit Pflanzen genauer auseinander zu setzen: Bäume und Sträucher legen ihre Blattknospen bereits im Vorjahr an, denn in der warmen Jahreszeit stehen ihnen noch genügend Energiereserven für diesen Vorgang zur Verfügung. Die jungen Knospen warten im Winter ruhend ihren Austrieb im Frühjahr ab und sind dabei von robusten, schuppenartig angeordneten Schutzblättern umgeben, welche die zarten Blättchen im inneren vor Kälte, Wind und Schädlingen beschützen. Eine geniale Strategie der Bäume und Sträucher, denn so können sie im Herbst getrost die Fotosynthese reduzieren, ihr Laub abwerfen und sich durch die Neubildung der Blätter im Frühjahr sogar regenieren und verjüngen. Über den Winter sind Bäume und Sträucher sozusagen im Ruhemodus. Das erspart ihnen jede Menge Stress und Energieverlust und sichert das Überleben unter den widrigen Bedingungen des Winters.
Erst mit zunehmender Tageslänge und steigenden Temperaturen schwellen die Knospen weiter an. Sie brauchen Licht, Wärme, Wasser und Nährstoffe um sich weiter zu entwickeln und schließlich zu öffnen. Unter Einwirkung von Salzen entsteht im Frühjahr schließlich ein Überdruck in der Wurzel und Wasser wird von ganz untern bis in die Krone gepumpt. Jetzt können sich auch die Knospen entfalten. In der so genannten Gemmotherapie geht man davon aus, dass Knospen eine enorme Vitalkraft enthalten, so handelt es sich ja um junges, gesundes und teilungsfähiges Embryonalgewebe, das in dieser Phase auf Wachstum und Zellvermehrung angelegt ist. Bei dieser Therapieform, die bereits in der Antike bekannt war und auch in der Volksheilkunde praktiziert wird, geht es vorrangig um die lebendigen Kräfte, die den Knospen innewohnen, mehr noch, als um deren Wirkstoffgehalt. Es wird gemäß dieser Ansicht jedoch auch davon ausgegangen, dass das „Lebendige“ im Laufe des Jahres durch die Pflanze wandert, weswegen jeder Teil, von den Knospen, Kätzchen, über die Blätter, Triebspitzen, Blüten, Rinden und Wurzeln, zum richtigen Zeitpunkt gesammelt, eine ähnliche bzw. gleiche Kraft in seinem jeweiligen Wirkungsbereich entfalten kann, wie die Knospen.
Ein Pulver aus den getrockneten Haselknospen wird in der Volksheilkunde übrigens zur Behandlung von Hautirritationen verwendet. Das Gemmomazerat aus den Knospen soll laut Volksheilkunde die Leber unterstützen und auch bei Lungenbeschwerden und Bronchitis helfen. Bevor das Laub der Gemeinen Hasel saftig grün austreibt, beginnt jedoch erst einmal die Haselblüte.


Mehr Infos und Bilder zu Blüten und Kätzchen von Hasel, Birke und Erle hier
Solch schöne Blüten treibt die Hasel
Die gelben Haselkätzchen werden den meisten bekannt sein. Sind sie es doch, welche die Luft in eine gelbe Staubwolke verwandeln und Allergikern zu schaffen machen. Des einen Leid ist des anderen Segen und so sind sie so zeitig im Jahr, wenn kaum andere Nahrung zur Verfügung steht, ein wichtiger Pollenlieferant für Bienen. Ein einziges Haselkätzchen enthält bis zu zwei Millionen Pollenkörner. Wirklich viel!
Bei uns in der Gegend kommt die Gemeine Hasel sehr häufig vor. Sie steht entlang von Weg- und Wiesenrändern, in Hecken und entlang von Fluss- und Bachläufen. Die Sträucher sind oft sehr stattlich und hängen voller Haselkätzchen. Ich liebe es, unter solch einem hochgewachsenen Strauch zu stehen, in den Himmel zu schauen und über mir ein Meer aus gelben, im Wind tanzenden Haselblüten zu sehen. Das macht irgendwie happy, allein schon die Farbe!
Die gelben Haselkätzchen sind bevor sie zu blühen beginnen rötlich-braun. Sie werden bereits im Herbst gebildet und wachsen bis zur Blüte auf ungefähr sechs bis acht Zentimeter Länge an. Es handelt sich genaugenommen hierbei um den männlichen Blütenstand, welcher sich aus vielen Einzelblüten zusammensetzt. Natürlich gibt es auch weibliche Blüten. Diese werden ja durch die männlichen Blüten bestäubt und bilden dann später im Jahr die Früchte.
Die Gemeine Hasel ist einhäusig. das bedeutet, dass sich männliche und weibliche Blüten auf derselben Pflanze befinden, man könnte auch sagen, sie bewohnen gemeinsam ein Haus. Bei der Großen Brennnessel (Urtica dioica) ist das zum Beispiel anders. Da mögen Männlein und Weiblein nicht so gerne unter einem Dach wohnen und jeder bewohnt sein eigenes Haus. Jetzt wird es interessant. Die weiblichen Blüten der Gemeinen Hasel sind nämlich sehr klein und unscheinbar, deswegen werden sie auch nicht gleich von jedem wahrgenommen. Hat man sie erst einmal entdeckt, wird man sie auch nie wieder übersehen. Genauer unter die Lupe genommen, sind sie wunderschön und einfach faszinierend. Die weiblichen Blüten stehen zu mehreren zusammen und bilden den weiblichen Blütenstand. Die Einzelblüten sind jedoch äußerlich unscheinbar, da sie von den Knospenschuppen umschlossen sind und dieses auch während der Blüte bleiben. Die Blüten befinden sich also in der Knospe und einzig die roten Narben ragen zur Blütezeit aus der Knospe heraus. Die weiblichen Blüten produzieren keinen Nektar und duften nicht, daher werden sie auch nicht von Bienen angeflogen, lediglich die männlichen Blüten werden wegen ihres reichen Pollenangebotes besucht. Die weiblichen Blüten werden daher auch nicht durch Insekten, sondern durch den Wind bestäubt, was sicher die Vielzahl der Pollen erklärt, von denen genialerweise auch die Insekten profitieren und mit ihnen natürlich auch noch andere Lebewesen. Das ist doch ein schönes Beispiel für das ausgeklügelte und nach Ausgleich strebende System Natur.



Haselblüte und Schneeglöckchen sind typische Pflanzen, welche die erste von zehn phänologischen Jahreszeiten markieren. Der Vorfrühling ist die Frühphase des Frühlings, in der die Vegetationsphase mit ersten Baumblüten und Frühblühern beginnt. Ab einer Außentemperatur von über 10 Grad schwärmen auch die ersten Bienen wieder aus und finden nach dem kräftezehrenden Winter bei den Blüten ihre erste Nahrung.

Der Frühling kommt immer früher
Generell findet man in Sammelkalendern die Angabe, dass die Haselkätzchen Ende Februar, Anfang März blühen und gesammelt werden. Die Haselblüte zählt zu den phänologischen Zeigerpflanzen. Die Haselblüte markiert mit anderen Zeigern, wie die erste Blüte von Schneeglöckchen Schwarz-Erle und Salweide den Beginn der ersten von insgesamt zehn phänologischen Jahreszeiten. Die phänologischen Jahreszeiten orientieren sich an der Beobachtung charakteristischer Entwicklungsstadien von Pflanzen sowie am Verhalten von Tieren. Die phänologischen Jahreszeiten unterscheiden sich daher von Jahr zu Jahr und differieren natürlich auch in Bezug auf die jeweilige Region. Insgesamt kann aber beobachtet werden, dass sich die Jahreszeiten in der jüngsten Vergangenheit nach vorne verschoben haben. Bei uns stand die Hasel beispielsweise in diesem Jahr bereits Mitte Januar in ihrer Blüte. Phänologische Beobachtungen helfen vor allem Bauern zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Arbeiten zu verrichten, sie sind aber auch ein Instrument für die Klimawandelforschung.
Bäume und Sträucher als Nahrungs- und Heilmittel
In Zeiten in denen, nicht wie heute, Lebensmittel im Überfluss und zu erschwinglichen Preisen käuflich zu erwerben waren bzw. die medizinische Versorgung bescheiden oder nicht leistbar war, behalfen sich die Menschen selbst. Bäume und Sträucher waren hierbei von großer Bedeutung. Natürlich lieferten sie Holz als Bau- und Heizmaterial, sie waren jedoch auch eine sehr wichtige Quelle für Nahrung. Sie lieferten nicht nur sehr proteinreiches Futter fürs Vieh. Sie halfen auch den Menschen über Notzeiten, etwa wenn die Getreideernte einmal schlecht ausfiel. Dann wurde zum Beispiel das Mehl mit einem sogenannten „Streckmehl“ – also einem Pulver aus zerriebenen Kätzchen, Blättern oder Früchten gestreckt. Auch Haselkätzchen können verwendet werden. Hierzu werden die Kätzchen samt Pollen im Mörser zermahlen. Gebäck- und Brotteige können dann mit einem Anteil von bis zu zehn Prozent Haselkätzchenmehl gestreckt werden. Auch für die Hausapotheke kennt die Volksheilkunde viele Anwendungen mit Teilen von Bäumen und Sträuchern. Zu den bekanntesten zählt wohl die Weidenrinde, welche Salicin enthält, welches sich bei der Verstoffwechslung in der Leber in Salicylsäure umwandelt, die dann ihre schmerzstillende, entzündungshemmende und fiebersenkende Wirkung im Körper entfalten kann. Salicin ist der natürliche Vorläufer des Medikamentenwirkstoffes Acetylsalicylsäure, dem Wirkstoff von Aspirin. Er wird durch die Acetylierung von Salicylsäure gewonnen. Früher einmal wurde Salicin zur Herstellung des Medikamentes aus Pflanzen isoliert. Heute aber wird er synthetisch hergestellt. Als Gesamtkomplex, wie er in der Pflanze vorliegt, weist der Wirkstoff nicht die Nebenwirkungen des isolierten Wirkstoffes auf. Jedoch braucht es länger, nämlich einige Stunden, bis er wirkt, da die Wirkung ja erst bei der Verstoffwechslung einsetzt. Auch unsere Haselkätzchen sind ein Mittel der Volksheilkunde. Der Tee aus Haselkätzchen gilt als schweißtreibend, entschlackend und kreislaufanregend. Er enthält viele Mineralstoffe und wird von der Volksheilkunde als Vitalisierungskur empfohlen. Hierfür wird 1-2 Wochen lang jeden Tag eine Tasse Haselkätzchentee getrunken. Die Kur bietet sich natürlich ideal zur Sammelzeit der Kätzchen an. Die Haselkätzchen können aber auch getrocknet und aufbewahrt werden. Sie können u.a. Mischungen mit anderen typisch schweißtreibenden Kräutern hinzugefügt werden, beispielsweise Holunder und Linde, welche bei grippalen Infekten Anwendung finden.

Rezept: Zubereitung eines Haselkätzchen-Tees

Haselkätzchen-Tee
wildemoehre Eine der ersten Pflanzen, die man im Jahr nutzen kann, ist die Gemeine Hasel (Corylus avellana). Und so sind im Frühling nicht nur die botanischen Details interessant, die Haselkätzchen, von einigen auch liebevoll als „Würstel“ bezeichnet, eignen sich als Tee und sogar für kleine Gaumenfreuden […] Rezept druckenZutaten
- 1-2 TL zur Blütezeit gesammelte, zerkleinerte Haselkätzchen (frisch oder getrocknet)
- 250 ml kochendes Wasser
Und so geht’s
- Die Haselkätzchen mit 250 ml kochendem Wasser übergießen.
- zugedeckt 4-5 Minuten ziehen lassen.
- in kleinen Schlucken trinken und den Dampf inhalieren.
Anwendung
Haselkätzchen sind ein Mittel der Volksheilkunde. Der Tee aus Haselkätzchen gilt als schweißtreibend, entschlackend und kreislaufanregend. Er enthält viele Mineralstoffe und wird von der Volksheilkunde als Vitalisierungskur empfohlen. Hierfür wird 1-2 Wochen lang jeden Tag eine Tasse Haselkätzchentee getrunken. Die Kur bietet sich natngürlich ideal zur Sammelzeit, während der Kätzchenblüte an. Die Haselkätzchen können aber auch getrocknet und aufbewahrt werden.
Die Haselkätzchen können außerdem sehr gut Teemischungen mit anderen typisch schweißtreibenden Kräutern hinzugefügt werden, beispielsweise Holunder- und Lindenblüten, welche bei grippalen Infekten Anwendung finden. Mehr zu schweißtreibenden Kräutern und zur Schwitzkur hier >>
TIPP: Sich für den Teegenuss eine kleine Ruhepause gönnen, anstatt den Tee zwischen „Tür und Angel“ trinken.

Ich freue mich, wenn der Beitrag für euch interessant war. Mir ist es ein Anliegen, auf diesen Seiten nicht nur die Wirkungen von Pflanzen und mögliche Rezepturen anzubieten. Ich zeige einfach gerne auch in Bildern die kleinen Details, die mich selbst so faszinieren und hoffe, diese Begeisterung hier mit euch teilen zu können oder besser noch, meinen Funken zu euch überspringen zu lassen. Zum Thema Bäume und Sträucher finde ich es außerordentlich wichtig klar zu machen, dass diese für uns Menschen eine ganz große Rolle spielen. Sie geben uns die Luft zum Atmen, ganz klar. Sie geben uns Schutz, Wärme, sind Nahrungs- und Heilmittel. Ich finde es wichtig für uns alle zu wissen, dass nicht nur Früchte von Bäumen, von denen uns viele bekannt sind, als Nahrung dienen können, sondern dass auch andere Teile, wie Knospen, Keimlinge, Blätter, Blüten, Wurzeln oder Rinden verwendbar sind – natürlich nur, wenn man sich sicher ist, dass die Teile verzehrbar und ungiftig sind. Es gibt jedoch bei uns zahlreiche Bäume, von denen verschiedene Teile hergenommen werden können. Es ist einfach „good to know“, denn wer weiß, wann man es vielleicht mal braucht und zudem ist vieles einfach gesund, lecker und bringt Vielfalt auf den Tisch und Freude ins Leben. Demnächst stelle ich für euch daher noch ein Rezept für essigsauer eingelegte Haselkätzchen in den Blog ein. Ich habe meine vor zwei Wochen eingelegt und heute bereits zusammen mit dem ersten Bärlauch-Kartoffelsalat genossen. Einfach herrlich! Also ihr Lieben und viel Freude bei den ersten frühlingshaften Naturerkundungen!
Eure Wilde Möhre
Fotos: ©Silja Parke
9 comments
Vielen Dank für diese tolle Info samt Bildern. Ich lebe seit vielen Jahren (20) im Ausland, genieße aber immer die Info über heimische Bäume, Sträucher etc. Freue mich schon auf das Rezept der eingelegten Hazelkätzchen.
Nochmals vielen Dank
Sehr gerne! Über solches Feedback freue ich mich wirklich sehr. Vielen Dank!
[…] BäumeFrühlingNatur- & HausapothekeNaturstreifzügeTees […]
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Liebe „Wildemöhre“,
ich bin per Zufall hier gelandet. Ich wollte eigentlich eine Anleitung für gehäkelte Armbänder/Stulpen suchen, aber Pinterest hat mich zu deinen Naturrezepten gebracht. In diesem Augenblick zieht mein Haselblütentee. Ich habe einen Haselnussbaum im Garten. Jetzt bin ich mal gespannt wie der Tee schmeckt. Ich werde mir die Zeit nehmen und ihn schlückchenweise trinken. Vielen Dank für das Rezept. Ich wünsche dir einen schönen Sonntag.
Liebe Grüße
Hélène
Liebe Hélène, ach wie schön! Es freut mich sehr, dass dich der Zufall in meinen Blog geführt hat und ich hoffe, der Tee war angenehm für dich. Ich freue mich, wenn du mich mal wieder hier besuchst und danke dir für den lieben Kommentar. Alles Liebe! Silja
Hallo Silja,
ich bin durch Zufall über die Haselkätzchen auf Deine Seite gestolpert und bin begeistert! Vielen Dank für Deine Mühe und Deinen Enthusiasmus!
Dein Buch hab ich mir gleich bestellt und freu mich schon drauf, darin schmökern zu können.
Liebe Grüße, Ulli
Hallo Ulli, vielen lieben Dank, das freut mich wirklich sehr! Ich wünsche dir viel Freude mit meinem Buch!
Alles Liebe! Silja
Kann man auch die Blüten der Korkenzieher Weide ähnlich verwenden?