Save the bees: Interview mit Imker und Bienenschützer Clemens Schauenburg alias bee_clemmi

by wildemoehre

Wer mir auf Instagram folgt, hat sicher schon gesehen, dass ich in diesem Monat an einer grünen Challenge teilnehmen darf. Insgesamt elf grüne Ladies posten den ganzen Mai hindurch zu vier Themen, insgesamt 44 Beiträge. Wir befinden uns in Woche zwei der Challenge. Das Thema in dieser Woche ist “SAVE THE BEES”.

Zuerst wollte ich einen Post über eine einzige Bienenpflanze machen und ein passendes Rezept dazu posten. Dann bin ich jedoch schnell auf die Idee gekommen, einen richtigen Bienenexperten in meinem Blog zu Wort kommen  zu lassen. Und weil ich seit einiger Zeit über Instagram mit dem Imker und Bienenschützer Clemens Schauenburg alias bee_clemmi aus meiner norddeutschen Heimat in Kontakt stehe und schon viel von ihm über Bienen lernen konnte, habe ich ihn gefragt, ob er nicht Lust hat, sich von mir interviewen zu lassen. Gesagt getan, Clemens war sofort bereit und so ist dieses tolle und wirklich ausführliche Interview mit ihm entstanden, für das ich schon gleich vorweg ganz herzlich Danke sagen möchte. Clemens hat sich trotzdem er mit Beruf, Imkerei und Bienenschutz sehr ausgelastet ist, viel Zeit genommen. 

Clemens Imkerei nennt sich übrigens Honigmanufaktur “Lütte Immenkiepe”.  Darin steckt für ihn gleich ganz viel Sinngehalt auf einmal. Der Begriff Manufaktur ist Clemens wichtig, weil Honig für ihn ein Naturprodukt ist, das nur durch den Fleiß und Schweiß der Bienen sowie durch die Pflege und Sorgfalt des Imkers in Gemeinschaftsarbeit zu einem Qualitätsprodukt werden kann. Clemens liebt seine Bienen und ihre Gesundheit liegt ihm am Herzen. Das wird schnell deutlich, wenn man ihm zuhört, zum Beispiel wenn er auf seinem Insta-Kanal in kleinen Videos die Welt der Honig- und Wildbienen erklärt.

“Lütte Immenkiepe” bedeutet “kleiner Bienenkorb” und kommt aus dem Plattdeutschen. Dies spiegelt seine norddeutsche Seele wieder. Er selbst versteht und “snackt” auch noch “Platt” mit seinen Großeltern. Immenkeipen wurden früher einmal statt Bienenkästen für die Bienenhaltung verwendet, auch in der Lüneburger Heidelandschaft, wo Clemens die Bienenkörbe als Junge bei seinen Großeltern kennen lernte – aber lest selbst mehr in unserem Interview…

Foto: ©bee_clemmi: Honigbienen aus einem von Clemens Bienenstöcken

Wilde Möhre: Lieber Clemens, du sagst von dir, dass du Bienen liebst, seit du denken kannst. Heute setzt du dich leidenschaftlich für den Erhalt von Insekten und vor allem von Bienen ein. Wie kam das mit dir und den Bienen und was treibt dich an?

Clemens: Seit meiner Kindheit schon faszinieren mich die Bienen. Ich habe sie auf Gartenblumen, im Rasen und in der Wiese auf Wildblumen und Wildkräutern beobachtet. Überall wo ich den Bienen als Junge begegnet bin, war ich fasziniert von ihnen. Ich fand sie einfach toll. Früher gab es im Rasen noch viel mehr Bienen als heute, da es früher noch viel mehr Klee und Wildkräuter in den Wiesen- und Rasenflächen gab. Trotzdem ich versehentlich auch hin und wieder auf Bienen getreten und gestochen worden bin, hatte ich nie Angst vor ihnen und es hat nie etwas an meiner Faszination verändert.

Als ich Kind war, gab es natürlich auch die Biene Maja. Ihr Bienenfreund Willi und Maja selbst sind sicher nicht ganz unschuldig an meiner Bienenleidenschaft (lacht). Auch meine Großeltern spielten eine Rolle. Wenn ich sie besuchte, zogen mich die alten Lüneburger Bienenkörbe in ihrem Garten magisch an. Sie waren ein Relikt der Nachkriegszeit, in denen die meisten Leute einen Selbstversorgergarten und auch ein paar Tiere hatten. Ein paar Hühner und ein Schwein hatte fast jeder. Mein Urgroßvater war damals auch Imker gewesen. Meine Großeltern erzählten mir viel davon und es hat mich schon damals als Junge in den Bann gezogen und mich nachhaltig geprägt.

Foto: ©bee_clemmi: Clemmi at work

Wilde Möhre: Was sind nach deiner Einschätzung die Hauptgründe dafür, dass die Bienen in Bedrängnis sind?

Clemens: Für die Bedrängnis der Biene gibt es vor allem zwei Gründe, das ist zum einen  die Urbanisierung und zum anderen die moderne, industrielle Landwirtschaft.

Bei der Landwirtschaft ist das Problem, kurz zusammengefasst, dass durch die immer intensivere Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen und durch Monokulturen, die Artenvielfalt in den Wiesen und Feldern deutlich abgenommen hat. Einhergehend mit der Verarmung der Pflanzenvielfalt, verschwinden durch Zurückdrängung auch natürliche Lebensräume und das Nahrungsangebot für Bienen nimmt ab.  Darüber hinaus macht den Bienen der Einsatz von Pestiziden Probleme. Wildbienen sind hiervon noch mehr als Honigbienen betroffen, weil sie Einzelgänger sind. Da Pestizide Bienen orientierungslos machen, kann keine Brut abgelegt werden, wenn eine Einzelgängerbiene nicht zu ihrem Loch zurückfindet. Dass dies einen negativen Effekt auf die Vermehrung hat, ist klar.

Während es früher in den Übergangsbereichen von Wiesen, Feldern und Wäldern normalerweise Blühstreifen und Hecken mit Wildsträuchern gab, werden auch diese leider immer weniger. Ackerbeikräuter, die früher in den Feldern und an ihren Rändern geduldet wurden, werden heute all zu oft bekämpft.

Das zweite Problem, die Urbanisierung, meint die Zurückdrängung von Lebensräumen durch die Verdichtung der Flächen beziehungsweise durch Versiegelung und Bebauung. Es entstehen  beispielsweise neue Parkplätze, Straßen und Wege, besiedelte Räume dehnen sich aus und wachsen zusammen. Oben drauf kommt, dass dann auch noch die Gartengestaltung in den Siedlungsräumen den Bienen oft zu schaffen macht, so sind zum Beispiel moderne Steinbeete und übernutzte und häufig gemähte Rasenflächen keine geeigneten Futterquellen für Bienen. Stattdessen bräuchte es “unaufgeräumtere” Gärten, in denen das Gras auch mal länger wachsen darf, nicht jede Rasenlücke wieder mit Rasen aufgefüllt wird, um auch Wildkräutern wie Klee, Gänseblümchen und Gundelrebe eine Chance zu geben. Auch Obstbäume und Gemüsegärten sind eine willkommene Bienenweide.

Was darüber hinaus die Sache verschlimmert, ist, dass es nur wenige naturnahe Wälder gibt. In vielen Wäldern wird aufgeräumt, statt Totholz zur Förderung der Artenvielfalt liegen zu lassen. Dies führt zum Rückgang vieler Kleinstlebewesen,  u.a. von Käfern, die das Totholz brauchen und Gänge hineinfressen, die dann später von Wildbienen als Nisträume genutzt werden können. Somit bewegt man sich in einem Teufelskreis, weil der Rückgang der einen, natürlich den Rückgang der anderen nach sich zieht.

Zusammenfassend kann man sagen, die Hauptgründe für die Gefährdung und den Verlust der Bienen sind fehlendes Nahrungsangebot und fehlende Nistplätze.

INFOBOX

ARTENVIELFALT

In einer artenreichen Wiese kommen zwischen 35 und 60 verschiedene Pflanzenarten vor. Es gibt Wiesen, in denen bis zu 100 verschiedene Arten vorkommen. Solche Wiesen werden leider immer seltener. In vielen artenarmen Wiesen findet man heute nur noch acht bis 15 verschiedene Pflanzenarten.

MYTHOS NATÜRLICHE WIESE

Eine natürliche Wiese gibt es bei uns praktisch nur auf Sonderstandorten wie Mooren, kleinflächigen Uferanrissen, entlang von Felsbändern oder oberhalb der Baumgrenze die alpinen Matten. Natürlich fänden sich bei uns fast nur Waldbiotope. Unsere (Wirtschafts-) Wiesen sind praktisch immer das Ergebnis einer Kultur, das heißt, einer Nutzung durch Beweidung oder Mahd. Es werden jedoch unterschiedliche Wiesen-Biotope unterschieden, also Lebensraumtypen, die unterschiedlichen Pflanzen und Tierarten geeignete Bedingungen bieten. Wir kennen beispielsweise Magerwiesen, Fettwiesen, Feuchtwiesen oder Hutweiden als Biotope.

Ohne Nutzung wären die Flächen von Urwäldern überzogen. Wenn eine Fläche nicht mindestens einmal jedes 2. Jahr gemäht oder beweidet wird, beginnt sie zu “verbuschen” und schließlich “wiederzuverwalden”. Mit zunehmender Beschattung nimmt dann die Vielfalt an blühenden Pflanzen ab.

Foto: ©bee_clemmi: Honigbiene auf Löwenzahn

WIE MÄHT MAN RICHTIG

Die Abnahme der Artenvielfalt in den Wiesen hat u.a. etwas mit der veränderten Nutzung zu tun, beispielsweise dem häufigeren Mähen – statt ein bis zweimal im Jahr, fünf bis sechs mal. Außerdem mit veränderten und deutlich früheren Mähzeitpunkten sowie dem Einsatz moderner und schwerer landwirtschaftlicher Maschinen.

Das eine vielfach gemähte Wiese mit kaum Blütenpflanzen den Insekten weniger Nahrung bietet ist klar. Problematisch wird es zudem für Insekten, wenn nahezu alle Blühflächen zur gleichen Zeit gemäht werden. Blühstreifen und naturnahe Gärten gewinnen vor diesem Hintergrund höchste Bedeutung, da sie den Insekten erlauben, sich hierhin zurückzuziehen, bis die gemähten Wiesen wieder ein höheres Nahrungsangebot aufweisen.

Auch beim Mähen selbst können insektenschützende Vorkehrungen getroffen werden. Leider wird dies oft nicht bedacht oder nicht gemacht, weil es einen größeren Aufwand bedeutet. Beispielsweise kann der Tageszeitpunkt der Mahd den Unterschied machen. So sollte darauf geachtet werden, dass nicht zu früh am Morgen oder zu spät am Nachmittag beziehungsweise am Abend gemäht wird. Tagsüber sind die meisten Insekten noch mobil und können aus der Wiese flüchten. Um Insekten die Flucht zu ermöglichen, sollte eine Fläche stets von innen nach außen und nicht, wie noch üblich, umgekehrt gemäht werden.

Für landwirtschaftliche Geräte gäbe es sogar sogenannte “Insektenabstreifer”, mit denen vor dem Mähen die Insekten weitestgehend abgestreift werden könnten, damit sie nicht dem Mähwerk zum Opfer fallen.

Des Weiteren spielt die Art des Mähwerks eine Rolle. So sind beispielsweise Balken- und Doppelmessermähwerke deutlich insektenschonender als schnell rotierende Mähwerke, zum Beispiel Trommelmähwerke, da erstere vielen Insekten noch die Flucht ermöglichen.

Last but not least sollte auch an eine geeignete Schnitthöhe von 9 bis 12 cm gedacht werden, die den Insekten auch nach der Mahd noch geeignete Unterschlupfmöglichkeiten bietet.

Wilde Möhre: Muss man zwischen Honig- und Wildbienen differenzieren und wenn ja, warum?

Clemens: Ja, man muss zwischen Honig- und Wildbienen unterscheiden, da sie tatsächlich auch entscheidende Unterschiede aufweisen.

Die Honigbiene ist eine “volkbildende” Biene, die nur im Verbund ihres Volkes überleben kann. Sie bildet mit dem Volk im Prinzip einen “Superorganismus” der danach strebt, über Generationen hinweg immer weiter fort zu bestehen.

Die Wildbiene an sich bzw. der Großteil der Wildbienenarten, bis auf wenige Ausnahmen, die Hummel ist die berühmteste Ausnahme, sind Einzelgänger. Wildbienen bilden im Gegensatz zu Honigbienen kein Volk. Nur die Hummel und ein paar wenige andere Ausnahmen bilden ebenfalls ein Volk. Das ist der erste große Unterschied zwischen Honig- und Wildbienen. Es  kommt jedoch noch ein weiterer wichtiger Fakt hinzu, nämlich dass die Honigbiene die einzige Biene ist, die wirklich Honig produziert. Alle anderen Bienenarten nutzen Nektar nur für ihre Eigenversorgung, quasi als “Sprit zum Fliegen” und den Pollen zur Aufzucht ihrer Brut. Das macht die Honigbiene zwar auch, aber für ihre Eigenversorgung lagert sie über den Winter noch zusätzlich Honig ein. Die Wildbienenarten hingegen sterben im Winter, dass heißt, es gibt kein Volk mehr, auch bei der Hummel überlebt nur die Königin, verbuddelt sich im Boden, überwintert dort und wartet bis die Temperaturen im zeitigen Frühling wieder steigen. Sie ist in einer Art Winterschlaf. Die Wildbieneneier der Einzelgänger-Wildbienen, welche vor dem Winter noch abgelegt werden, verwandeln sich in Kokons und überdauern so den Winter bis zum Frühjahr, wenn sie schlüpfen.

Die Honigbienen hingegen verlassen zwar im Winter auch nicht ihren Stock, aber sie sind im inneren des Stocks aktiv. Sie benötigen ihre Energiereserven u.a. um das innere des Bienenstocks warm zu halten und damit ein Teil des Volkes überleben kann.

Ein weiterer markanter Unterschied zwischen Honig- und Wildbienen ist, dass Honigbienen einen Stachel und Wildbienen, bis auf die Ausnahme der Hummeln, keinen besitzen.

Fotos: ©bee_clemmi: Honig- und Wildbienen weisen klare Unterschiede auf – oben: Honigbienen auf Balkanröschen, unten: Wildbiene: Rostrote Mauerbiene auf Traubenhyazinthe

Wilde Möhre: Was tust du konkret, um Bienen zu helfen und was würdest du jemandem empfehlen, der einen Garten oder Balkon hat?

Den Honigbienen helfe ich durch meine Arbeit als Imker und den Wildbienen helfe ich, indem ich aktiv Nistplätze zur Verfügung stelle. Das heißt, ich hänge Nisthilfen auf, welche für oberirdisch nistende Wildbienenarten geeignet sind und ich  versuche für unterirdisch nistende Wildbienenarten Plätze so zu gestalten, dass die Bodenbeschaffenheit sie zum nisten einlädt. Die Wildbienen brauchen einen sandigen Mutterboden, der nicht sofort einbricht, aber auch nicht zu hart ist, damit sie sich zum Nisten einbuddeln können.

Neben der Zurverfügungstellung von Nistplätzen ist es fast noch wichtiger, den Bienen Nahrung anzubieten. Konkret sieht das so aus, dass ich den Bienen von März bis in den Oktober hinein ein Nahrungsangebot zur Verfügung stelle. Das heißt, es stehen immer und ohne Unterbrechnung Nektar und Pollen zur Verfügung, damit die Bienen zu jeder Zeit sammeln und satt werden können. Da ich in Hamburg in einer Wohnung ohne Garten lebe, stelle ich Nisthilfen und Nahrung, in Form von bienenfreundlichen Pflanzen, auf meinem Balkon und im Innenhof zur Verfügung.

Blumenwiese - Pixabay
Begrünen geht auch, wenn keinen eigenen Garten hat, zum Beispiel in Gemeinschaftsgärten oder Auf Anfrage in Siedlungsbereichen und an Straßenrändern oder in Baumscheiben

Wilde Möhre: Welchen Beitrag leistet man als Imker zum Schutz der Bienen?

Als Imker leistet man vor allem einen Beitrag zum Schutz der Honigbiene, das heißt, man hegt und pflegt sie, damit sie gesund bleibt, nicht von Schädlingen, wie der Varroamilbe befallen wird und das Überleben des Volkes gesichert werden kann. Der Imker schützt die Honigbiene sozusagen durch seine Arbeit und stetige Kontrolle. 

Ein wenig traurig daran ist es vielleicht, dass der Mensch die Honigbiene nur schützt, weil er selbst einen Nutzen von ihr hat, aber der positive Aspekt daran ist, dass er mit der Imkerei etwas für die Erhaltung der Honigbienen tut.

Viele Imker interessieren sich aus diesem Grunde leider nicht für die Wildbienen. Es gibt aber auch Positivbeispiele von Imkerinitiativen, welche auch die Wildbienenvielfalt fördern und beispielsweise mit Landwirten kooperieren, um blühende Landschaften zu erschaffen. Solche Initiativen gibt es jedoch noch viel zu wenige. Da gibt es noch viel Aufklärungsbedarf und Luft nach oben.

Foto: ©bee_clemmi: Bambus, Stroh und Schilf müssen ebenfalls immer glatt und ohne Splitter geschnitten sein - Wildbiene: Gehörnte Mauerbiene

Wilde Möhre: Was muss beim Kauf eines Wildbienenhotels beachtet werden und reicht ein Wildbienenhotel allein oder benötigt man noch bestimmte Pflanzen? Hast du gute Adressen für uns?

Clemens: Ich spreche lieber von Nisthilfen, weil das Wort “Bienenhotel” ein wenig irreführend ist. Viele Leute denken nämlich, dass, auch wenn es keine verschlossenen Röhren gibt, da trotzdem Wildbienen sind, die in den Röhren übernachten. Das stimmt so nicht und deswegen verwende ich lieber das Wort Nisthilfe, weil es eindeutiger ist. Man könnte sonst leicht meinen, es sei nicht schlimm, wenn die Röhren nicht verschlossen sind. Dies bedeutet jedoch, dass die Nisthilfe bisher nicht angenommen wurde.

Wenn man also eine Nisthilfe für Wildbienen installiert, sollte man den Wildbienen dann auf jeden Fall auch Nahrung bieten, sonst ist es sinnlos. Viele Wildbienen fliegen nur wenige hundert Meter weit von ihrer Behausung weg. Wenn es kein ausreichendes Nahrungsangebot in unmittelbarer Nähe gibt, werden die Wildbienen  nicht kommen beziehungsweise werden sie wieder verschwinden. Es kommt darauf an, die Wildbienen lückenlos mit Nahrung zu versorgen. Die Pflanzen müssen so gewählt sein, dass vom zeitigen März bis in den späten Oktober immer etwas blüht. 

Bei oberirdischen Nisthilfen sollte man auf jeden Fall darauf achten, dass die Bohrungen immer in Hartholz und absolut glatt, riss- und splitterfrei sind.

Bambus, Stroh und Schilf müssen ebenfalls immer glatt und ohne Splitter geschnitten sein.

Die Röhren müssen sauber und frei sein, denn die Bienen knabbern, entgegen der häufig vorherrschenden Meinung, die Gänge nicht selber frei.

Die Röhren einer Nisthilfe sollten mindestens eine Tiefe von 7 cm haben, wenn man die Wand hinzurechnet, sollte eine Nisthilfe dann also  mindestens eine Tiefe von 8 bis 9 cm haben. Ab dieser Mindestgröße werden die Wildbienennistplätze überhaupt erst angenommen.

Eine Nisthilfe sollte keine Tannenzapfen, keine Holzspäne und keine Baumrinde enthalten. Das wäre absolut nutzlos und würde leider nicht von den Wildbienen angenommen werden.

Pauschal Adressen für den Kauf geeigneter Nisthilfen zu nennen, fällt mir aktuell ein bisschen schwer, da insbesondere die  in Discountern und Baumärkten angebotene Nisthilfen oftmals nicht allen Kriterien an eine geeignete Nisthilfe entsprechen und überteuert sind. Da ich jetzt schon lange erfolglos nach Nisthilfenanbietern suche, deren Produkte auch die Bedürfnisse der Bienen erfüllen, baue ich selbst gerade gemeinsam mit einem Partner ein Nisthilfenprojekt auf. Die Nisthilfen werden ab Sommermitte erhältlich sein und können dann schon von einigen Löcherbienen angenommen werden und wenn man sie bereits in diesem Jahr aufhängt, ab März dann auch Mauerbienen anlocken. Eine Alternative zum Kauf ist natürlich immer der Eigenbau.

Wer sich für Clemens Nisthilfenprojekt interessiert und vielleicht im Sommer selbst gerne eine kaufen möchte, kann die Entwicklung des Projektes direkt in bee_clemmis Instagram-Account mitverfolgen. 

*Werbung unbezahlt

Und wer nicht bis Sommer warten möchte oder selbst gerne bastelt, findet bei der lieben Isabel von Heger und Sammler die Anleitung zum Bau einer ein süßen Wildbienennisthilfe, die sie unter dem Coachig von bee_clemmi aus einer Dose selbst gebaut hat. Im Blogartikel >> findet ihr auch ganz viele tolle Infos darüber, wie Wildbienen nisten bzw. wie genau die Eiablage von statten geht.

Foto: ©bee_clemmi: Bei oberirdischen Nisthilfen sollten die Bohrungen in Hartholz und glatt, riss- und splitterfrei sein - Die Lehmwespe ist auch eine typische Berwohnerin oberirdischer Nisthilfen

Wilde Möhre: Welche Pflanzen empfiehlst du uns?

Im zeitigen Frühjahr kann man den Bienen Frühblüher, wie  Schneeglöckchen, Traubenhyazinthen, Narzissen Krokusse, Primeln und Schlüsselblumen anbieten. Auch Polster wie Goldlack und Blaukissen eignen sich gut. Wichtig sind vor allem aber  Wildpflanzen, wie zum Beispiel Taubnessel, Goldnessel, verschiedene Lauchgewächse, unter anderem Bärlauch, Salbeiarten wie Wiesensalbei, Klebriger Salbei,  Glockenblumen, Malven, Roter Fingerhut, verschiedene Disteln und verschiedene Ziestarten, u.a. Heil-Ziest, Wald-Ziest, Woll-Ziest, der wichtig für einige Wildbienenarten ist. Ackerkräuter wie Mohn, Kornblume, Ringelblume, Senf und Kamille sind sehr wertvoll für Bienen. Wenn man Platz hat, können auch noch Heckenrosen und Sträucher, wie Himbeere, Brombeere, Schlehe, Felsenbirne, Holunder oder Traubenkirsche gepflanzt werden. Die sind dann auch auch gleichzeitig noch für Vögel gut. Obstbäume wie Apfel, Kirsche, Quitte und andere blühende Bäume wie beispielsweise Ahorn oder  Kastanie spenden im Frühjahr viel Nahrung und sind absolute Catcher. Nicht zu vergessen alle Bäume und Sträucher mit Kätzchen, wie Hasel, Birke, Erle oder Weide, Kätzchenbäume sind sehr wichtig, weil sie bereits im sehr zeitigen Frühjahr sehr ergiebige Pollenspender sind. Natürlich ist auch immer die Aussaat von Wildblumenwiesen zu empfehlen. Hierfür braucht man nicht einmal unbedingt einen eigenen Garten. Ich habe die Wiese beispielsweise im Innenhof unseres Wohnhauses angelegt.

Wilde Möhre: Sind heimische Wildpflanzen am bienenfreundlichsten? Was ist mit Garten-, Kultur- und exotischen Pflanzen?

Clemens: Für Wildbienen sind heimische Wildpflanzen einfach die besten Pflanzen, weil sie zum Teil Nahrungsspezialisten sind und mit anderen Pflanzen nichts anfangen können. Sie gehen nur auf eine bestimmte Pflanzenart, die logischerweise heimisch sein muss. Es ist daher wichtig, sich regionalspezifisch zu informieren und sich entsprechend der natürlich vorkommenden Fora auch Wildpflanzen im Garten, auf Balkon und Terrasse anzusiedeln.

Exotische Pflanzen können Wildbienen  viel Energie kosten, da sie bei schlechtem Nahrungsangebot in ihrer verzweifelten Suche nach Nahrung auch auf diesen Pflanzen landen. Sie verschwenden damit sinnlos Energie, die sie eventuell noch für den Flug zu einer geeigneten Nahrungspflanze gebraucht hätten. 

Generell sollte man zumindest auf gefüllte Zierpflanzen verzichten, da die Bienen hier nicht an den Nektar und den Pollen gelangen können.

INFOBOX

NAHRUNGSSPEZIALISTEN

Wildbienen können NAHRUNGSSPEZIALISTEN sein, die nur eine bestimmte Pflanzenart oder Pflanzenfamilie als Nahrung annehmen. Ein Beispiel hierfür ist die Glockenblumenscherenbiene, die verschiedene Glockenblumenarten benötigt und keinen Lebensraum findet, wenn Glockenblumen in ihrem Bewegungsradius nicht oder nicht ausreichend vorhanden sind. Neben der Verwertung als Nahrung schneidet die Glockenblumenscherenbiene Teile der Glockenblumenblätter ab und verwendet sie für ihren Nestbau.

GENERALISTEN

Sogenannte WILDBIENENGENERALISTEN, wie beispielsweise die Gehörnte Mauerbiene oder die Hummel, nehmen hingegen vielfältige Pflanzen als Nahrung an und gehen auf alle Blüten, die ihnen Nektar und Pollen spenden.

Foto: ©bee_clemmi: Gartenhummel auf Hain-Salbei
Foto: ©bee_clemmi: Honigbiene auf Apfelblüte

BLÜTENSTET UND BLÜTENUNSTET

Honigbienen sind BLÜTENSTET. Das heißt, sie suchen sich eine vielversprechende Nektarquelle und sammeln solange von einer Pflanzenart, bis die Quelle nicht mehr ergiebig ist.  Erst dann suchen sie sich eine neue Pflanzenart als Sammelquelle. Dies unterscheidet sie von den GENERALISTEN, wie den Hummeln, die BLÜTENUNSTET sind und zwischen verschiedenen Pflanzenarten hin- und herwechseln und einfach die Blüten nehmen, die ihnen unterkommen und die Nahrung bieten.

Wilde Möhre: Ich bin ein großer Fan mediterraner Kräuter im Garten. Von Thymian, Oregano, Salbei über Lavendel bis hin zu Zitronenmelisse und -verbene. Fast alles Lippenblütler, mit herrlichem Duft und toller Würzkraft. Das ist der Grund, warum ich diese Kräuter so mag. Mögen die Bienen sie auch?

Clemens: Die von dir aufgezählten Pflanzen sind alle gut. Generell werden Lippenblütler gerne angenommen, von vielen unterschiedlichen Arten, sei es die Honigbiene, aber auch von verschiedenen Wildbienenarten, die sich darüber freuen.  Darum sind diese Kräuter eine wunderbare Ergänzung zu den zuvor genannten einheimischen Pflanzen. Mit diesen mediterranen Heil- und Küchenkräutern  können sogar Steinbeete etwas bienenfreundlicher gemacht werden.

Foto: ©bee_clemmi:: Rosmarinblüte mit Wildniene: Rostrote Mauerbiene

Wilde Möhre: Kann wirklich jeder etwas für den Schutz von Bienen tun? Was könnte jemand tun, der weder einen Garten noch einen Balkon hat?

Generell kann wirklich jeder etwas tun, auch wer keinen Garten oder Balkon hat.

Man könnte gegebenenfalls den Hausmeister, die Hauseigentümer beziehungsweise die Hausverwaltung ansprechen und fragen, ob beispielsweise Innenhöfe bepflanzt oder Zäune begrünt werden dürfen.

Man könnte sich alternativ die Begrünung von Straßenrändern zum Ziel machen, indem man mal bei der Kommune oder beim jeweiligen Bezirksamt anfragt, ob man zum Beispiel die Baumscheiben bepflanzen darf.

Es gibt in vielen Städten auch sogenannte “Beetpatenschaften”, dort kann man Patenschaften sozusagen für “unbeblühte Quadratmeter” und zu moderaten Preisen übernehmen. Auf den Flächen sollen dann bienenfreundliche Blühlandschaften angelegt werden, die durch die Stadt bewässert werden. Solche Blühlandschaften müssen allerdings mindestens zwei bis drei Jahre erhalten bleiben, damit sich hier Wildbienen ansiedeln und etablieren können.

Es außerdem gibt außerdem verschiedene Projekte und  Spendenaktionen, die man unterstützen könnte. Hierfür muss man sich ein wenig informieren. 

Wilde Möhre: Du planst selbst auch neue Projekte, magst du uns davon ein bisschen erzählen?

Bei meinen neuen Projekten geht es um drei elementare Sachen. Das eine ist Bildung  an Schulen. Hier geht es um ein Wildbienen-Grundschulprojekt. Die Schüler sollen sozusagen mit den Wildbienen groß werden und ihren Lebenszyklus kennen lernen. In Arbeitsgemeinschaften werden im Schulhof Bienenweiden angelegt und sowohl ober- als auch unterirdische Nisthilfen gebaut. Zum Teil verbleiben die Nistilfen in der Schule, die Kinder können sich aber auch Nisthilfen mit nach Hause nehmen. In der Schule lernen sie die Pflanzen kennen, die sie in der Nähe ihrer Nisthilfen brauchen. 

Das zweite Projekt ist ein Wildbienenpfad, auf dem Besucher sich sowohl oberirdische Nisthilfen a anschauen können, die für ihren Garten geeignet sind. Entlang des Pfades können sie Bauanleitungen sammeln und viele nützliche Pflanzen für Wildbienen, auch für Nahrungsspezialisten, kennen lernen. Die Besucher sollen sich hier von den Ideen inspirieren lassen, um diese auf ihre eigenen Gärten und Balkone zu übertragen. Darüber hinaus werden Sandareale für unterirdisch nistende Sandbienen eingebracht, um dem Besucher zu ermöglichen, ihren Lebensraum so naturnahe wie möglich kennen zu lernen.

Das dritte Projekt mit einer Großkommune ist gerade in der Anbahnung. Hier sollen zukünftig alle Bauvorhaben auf Insektenfreundlichkeit überprüft, und bei der Umsetzung von Bauvorhaben von vorn herein eine insektenfreundliche Bepflanzungen mit bedacht werden. Leere Grundstücke sollen zukünftig nicht länger als zwei Jahre brach liegen dürfen, ohne das auf ihnen eine insektenfreundliche Bepflanzung erfolgt.

Wilde Möhre: Das klingt alles sehr toll! Ich werde deine Projekte auf jeden Fall weiter verfolgen und wer weiß, vielleicht besuche ich euch ja mal in Hamburg. Eine letzte Frage habe ich noch an dich Clemens. Hast du ein Lieblingsrezept mit einem Bienenprodukt?

Ich habe viele Lieblingsrezepte. Sehr gerne mache ich einen “Infused Peppermint-Honey”, den mag nicht nur ich, sondern auch meine Lieben und meine Freunde sehr gerne. Ich nutze ihn am Liebsten für ein Pfefferminztee-Getränk und biete ihn auch gerne meinen Gästen an.

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Rezept: bee_clemmi's "Pfefferminz-Honig"

Clemmis Pfefferminz-Honig

Clemens alias bee_clemmi ist Imker und Bienenschützer mit Leib und Seele. Heute erklärt uns Clemens u.a. den Unterschied zwischen Honig- und Wildbienen und wie jeder Bienen helfen kann, auch ohne Garten und Balkon. Als kleines Goodie verrät uns Clemmi noch sein Pfefferminz-Honig-Rezept […]

Rezept drucken
Menge: 500 g

Zutaten

  • 20 g getrocknete Pfefferminze
  • 500 g Blütenhonig

Und so geht’s

  • Frische Pfefferminze im Garten ernten und trocknen.
  • 20 g getrocknete Pfefferminze im Mörser oder im Mixer fein mahlen und in eine Schüssel geben.
  • 500 g Blütenhonig über die Pfefferminze gießen und Pfefferminze und Honig mit einem Löffel in der Schüssel gut miteinander verrühren, bis eine gleichmäßige, grüne Paste entsteht.
  • In saubere Gläser abfüllen und genießen.

Kurz notiert

Der Pfefferminz-Honig ist wunderbar als erfrischendes und durstlöschendes Teegetränk. Hierfür 1/2 bis 1 TL mit lauwarmem Wasser verrühren, 1 Scheibe Zitrone und einige frische Minzblättchen hinzufügen. Das Wasser soll nicht wärmer als 40 Grad sein, um die wertvollen Inhaltsstoffe des Honigs nicht zu zerstören. Clemens hat mir erzählt, dass seine Freunde die Paste auch teilweise als Brotaufstrich verwenden. Ich selbst stelle mir die Paste auch ganz toll zum Würzen arabischer Gerichte vor.

So ihr Lieben, ich hoffe, euch hat das Interview mit Clemens alias bee_clemmi gefallen. Mir war es eine Freude und ich darf eines verraten, ich plane schon das nächste, nämlich mit Sandra und Michael vom Alentejo Foodforest. Nächstes Mal geht’s darum, wie man sich nach dem Vorbild des Waldes einen Garten anlegt und warum das eine gute Idee sein könnte. Das Interview kommt in zwei Wochen. Ich freue mich schon!

Alles Liebe!

Eure Wilde Möhre

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