Nun beginnt es so richtig zu grünen. Es ist eine wahre Explosion für die Sinne, ein Spiel aus Farben und Formen – eine wahre Freude! Das Licht durchdringt nun wieder jede Ecke unserer Wohnräume, Staubschichten auf den Oberflächen und trübe Schleier auf den Fenstern werden sichtbar. Es weckt das Bedürfnis nach einem ordentlichen Frühjahrsputz. Wenn das Haus wieder blitzt und blinkt, von Überschüssigem und Überflüssigem befreit ist und in frischen Frühlingsdüften und -farben erstrahlt, dann fühlen wir förmlich auch die Erleichterung und den neuen Schwung. Auf körperlicher Ebene ist das nicht anders. Auch hier tut ein Frühjahrsputz gut. Hierfür stehen uns zahlreiche Frühlingskräuter zur Verfügung. Der große Vorteil von wilden Kräutern ist, dass sie schon da sind, bevor im Garten der erste Salat und die ersten Gemüse reif werden. Brennnessel, Löwenzahn, Giersch & Co. enthalten eine Vielzahl an Vitalstoffen und bringen auf Trab. Heute geht es bei mir um die Brennnessel, genaugenommen um “grünen Saft mit Kraft” und “heißes Gold”.
Jetzt im April sprießt das gesunde Kraut wieder so richtig...
Typisch Frühlingskraut - die Brennnessel putzt ordentlich durch
Frühlingskräuter werden häufig für Frühjahrskuren verwendet. Sie sind gerade erst aus dem Boden heraus gesprossen und noch jung und zart. Sie sind reich an Vitaminen und Mineralstoffen, enthalten antioxidative Flavonoide, Chlorophyll und individuell verschiedene sekundäre Inhaltsstoffe. Charakteristisch für Wildkräuter, die bei Frühjahrskuren Anwendung finden ist, dass sie entwässernd, harnaustreibend, durchspülend, blutreinigend und vitalisierend sind. Sie kurbeln den Stoffwechsel an, können Schadstoffe binden und bei deren Ausleitung aus dem Körper helfen. Zu diesen Wildkräutern zählen unter anderen Löwenzahn, Bärlauch, Birkenblätter, Giersch, Gänseblümchen und Brennnessel.
Vitaminbombe & Blutverbessererin
Die Brennnessel ist reich an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Insbesondere enthält sie viel Vitamin C, Vitamin A Beta Carotin, Eisen und Calcium. Zudem ist im Kraut viel Chlorophyll enthalten. Eisen und Chlorophyll machen die Brennnessel zu einer Pflanze mit einer blutreinigenden und blutbildenden Wirkung.
Eisen wird vom Körper für die Produktion roter Blutkörperchen benötigt. Ein Eisenmangel kann dazu führen, dass zu wenig rote Blutkörperchen im Blut sind und der Körper eine unzureichende Sauerstoffversorgung erhält. Chlorophyll ist das Farbpigment, dass den Pflanzen die grüne Farbe verleiht. Es wird auch “grünes Blut” genannt, weil es nahezu wie unser roter Blutfarbstoff Hämoglobin aufgebaut ist. Chlorophyll und Eisen helfen dabei, das Blut zu verbessern, dies hat einen positiven Effekt auf unsere Organe und unser Wohlbefinden. Viel Chlorophyll ist im Brennnesel-Frischpflanzensaft enthalten, alternativ kann das Kraut auch wie Spinat zubereitet oder als Salat gegessen werden. Für den Salat werden die Blätter nur ganz kurz in heißem Wasser blanchiert oder mit einem Nudelholz gewalkt, um die Brennhaare zu zerstören. Dann kann der Salat mit einer Marinade angemacht werden. Damit der Körper Eisen aufnehmen kann, benötigt er Vitamin C. Deswegen soll mit Eisenpräparaten gleichzeitig auch Vitamin C eingenommen werden. Bei der Brennnessel ist das Vitamin C gleich mit drinnen, wie praktisch!
Neben der blutbildenden Wirkung, welche die Brennnessel zu einem Kraut für Frühjahrskuren macht, kurbelt sie den Stoffwechsel an und wirkt harnaustreibend. Schadstoffe werden abtransportiert, die harnableitenden Organe durchgespült und Nierensteinen und Nierengrieß vorgebeugt.
Eine ausführliche Übersicht der Inhaltsstoff-Zusammensetzung bei der Brennnessel findest du z.B. beim Nährwertrechner.de.
"Grüner Saft" mit viel Kraft - Brennnesselpresssaft
Für eine Frühjahrskur kann der frisch ausgepresste Saft der Brennnessel hergenommen werden. Bei dieser Variante bleibt viel Chlorophyll erhalten. Die Brennnesselblätter werden hierzu entweder im Entsafter ausgepresst oder wenn kein Entsafter vorhanden ist, alternativ im Mixer püriert und der Saft dann durch ein Leinentuch gedrückt und abgeseiht. Der Saft sollte frisch und verdünnt eingenommen werden. Verdünnt werden kann er mit Wasser oder Buttermilch. Beginnend mit 3 Teelöffeln täglich, kann die Dosis alle 3 Tage um 1 Teelöffel gesteigert werden, bis man bei 10 Teelöffeln ankommt. Der Saft darf nicht überdosiert werden, denn bei der Überdosierung kann es zu Durchfall und Erbrechen kommen. Bei der Einnahme von Kräutern, welche die Harnmenge erhöhen, sollte auch die Menge der getrunkenen Flüssigkeit erhöht werden. Den Brennnesselfrischsaft nicht länger als einen Tag im Kühlschrank aufbewahren.
Achtung!
Bei Überempfindlichkeit, Histaminunverträglichkeit, Allergien, Schilddrüsenerkrankungen sowie bei eingeschränkter Herz- und Nierentätigkeit, sollte die Brennnessel nicht verwendet werden. Man sollte bei der Verwendung immer gut auf die Zeichen des eigenen Körpers hören. Wenn man merkt, dass einem eine Pflanze nicht gut tut, sollte sie nicht verwendet werden. Welche Pflanze gut tut, ist von Person zu Person ganz individuell und hängt von der ganz persönlichen Konstitution ab. Eine sanftere Variante zur Brennnessel ist zum Beispiel eine Teekur mit Birkenblättern. Bei Herz- und Niereninsuffizienz sollte aber auch diese nicht eigenständig durchgeführt werden und Anwendungen grundsätzlich unter ärztlicher Begleitung stattfinden.
Heißes Gold - Brennnesseltee
Brennnesseltee hat eine herrlich goldene Farbe. Wird getrocknetes Kraut verwendet, brüht man 1 TL des getrockneten Krautes mit 1/4 Liter heißem Wasser auf und lässt den Tee 5 bis 10 Minuten ziehen. Vom frischen Kraut wird bei der gleichen Menge Wasser etwas mehr verwendet, da man bedenken muss, dass in dem frischen Kraut gegenüber dem Getrockneten noch ein hoher Flüssigkeitsanteil (Wasser) enthalten ist. Vom frischen Kraut verwende ich die doppelte Menge, wie vom Getrockneten. Bevor ich es mit heißem Wasser übergieße, zerkleinere ich das Kraut. Für eine Frühjahrskur wird dreimal täglich 1 Tasse Brennnesseltee getrunken. Die Kur wird über einen Zeitraum von 3 und nicht länger als 6 Wochen angewendet. Auch hier gelten die oben genannten Einschränkungen. Zum “heißen Gold” gibt es übrigens eine sehr nette Geschichte…
Das Märchen von dem "heißen Gold"
Das reiche Mädchen und der arme Prinz
In der Geschichte geht es um ein junges Paar, das seeehr verliebt ist und heiraten möchte. Doch das Mädchen ist aus reichem Hause und der junge Bursche “nur” ein verarmter Prinz. Der Vater des Mädchens, der reichste Bauer im ganzen Land, mit großen Gründen und vielen Tieren, verwehrt den beiden die Heirat. Da kommt der Bursche auf eine List.
Der Prinz ist zwar arm aber nicht dumm
Während man sich an wohlhabenden Höfen mit allerlei Luxus umgab, seine Zeit mit edlen Pferden, goldenen Figuren und fremdländischen Gauklern totschlug, blieben dem verarmten Prinzen nur sein Garten und die darin wachsenden Pflanzen. Er liebte sie und er kannte jede einzelne. Der junge Mann setzte nun ein Gerücht in die Welt auf dass es bei seinem zukünftigen Schwiegervater ankäme und er ihm auf dem Leim ginge. So kam dann auch dem Vater des Mädchens zu Ohren, der junge Mann besitze eine Pflanze, die pures Gold wert sei. Allerdings könne das Gold nur derjenige ernten, dessen Hände unschuldig und rein seien. Die Pflanze erkenne jede Lüge und hole sich den Teufel zu Hilfe, der die Hände eines jeden Unehrlichen verbrenne. Nur der Unschuldige bliebe verschont. Der reiche Mann wollte sich das Gold natürlich nicht entgehen lassen und so setzte auch er ein Gerücht in die Welt, auf dass es dem Jüngling zu Ohren käme. Und so war es. Dem Prinzen kam zu Ohren, der Vater seiner Auserwählten habe geträumt, dass derjenige, der käme und eine Pflanze hinter seinem Haus eingrabe, die pures Gold wert sei, seine Tochter heiraten werde.
Und das Ende der Geschicht...
Und so grub der Prinz in seinem Garten eine kräftige Brennnessel aus und machte sich auf den Weg. Er war sich sicher, dass der Reiche sie nicht erkennen würde, denn er hatte sie schon vor langer Zeit von seinem Grundstück verbannt. Der reiche Mann schickte sein Personal die Pflanze zu ernten, alle hatten beteuert unschuldige Hände zu haben – er selber hatte wohl doch ein bisschen Angst. 😉 Jeder einzelne ergriff jedoch unter Schreien und Wimmern die Flucht. In der Nacht stahl sich der Vater des Mädchens selbst zu der Pflanze, um sein Glück zu versuchen, vielleicht ging es ja doch gut. Er machte kein Licht, um unbeobachtet zu bleiben. Plötzlich polterte es und der Mann schrie jaulend auf. Er war über die Schaufeln, Besen und Mistgabeln gestolpert, die seine Bediensteten in dem Schrecken hatten fallen lassen und flog mitten hinein in die Brennnessel. Er verbrannte sich fürchterlich. Unter Schmerzen schleppte er sich zurück ins Haus und bekam am folgenden Tag Besuch von dem jungen Mann. Kleinlaut erlaubte er ihm die Heirat seiner Tochter, ohne sich etwas anmerken zu lassen und gab ihnen als Mitgift eine große Kiste metallene Goldstücke mit. Als Entschädigung wächst und wächst und wächst seine Goldquelle hinter dem Haus und er ist sicher noch nicht gestorben, denn er trinkt jeden Morgen eine Tasse “heißes Gold”.
Die vollständige Geschichte und weitere schöne Geschichten findet ihr in dem Buch “Kräutermärchen” von Folke Tegetthoff. Also dann ihr Lieben, bleibt sauber, damit ihr euch beim Brennnesselpflücken nicht die Hände verbrennt. 😉
Alles Liebe!
Eure Wilde Möhre
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