Unser Morgen beginnt mit einem faszinierenden Geschöpf. Am Pool haben wir die Gottesanbeterin entdeckt, die wir Elvira taufen. Der Tag geht zunächst mit dem typisch blauen “Portugalhimmel” und mit Sonnenschein an, doch recht schnell zieht sich der Himmel zu unserem Bedauern zu und es beginnt zu tröpfeln. Auch wenn wir Urlauber nicht so begeistert sind, die Natur kann den Regen brauchen, es hat ohnehin viel zu wenig geregnet. Da die Vorhersage für morgen besser ist, beschließen wir unser Programm zu tauschen und den Tag am Meer auf den morgigen Tag zu schieben. Unseren Ausflug an den Fluss Mira in Santa Clara ziehen wir vor. Bei der guten Stimmung in der Gruppe, kann uns auch ein Regen den Ausflug nicht verderben.
Santa Clara a Velha ist ein kleiner beschaulicher Ort im Gemeindeverband Odemira im Distrikt Beja. Bekannt ist der Ort durch den nahe gelegenen Stausee (Albufeira da Barragem de Santa Clara), welcher der größte Europas sein soll. In der Talsperre Santa Clara, wird der Fluss Mira zum Stausee aufgestaut. Der See macht die Gegend touristisch attraktiv, hier wird sogar Wassersport betrieben. Der Stausee ist aber nicht unser Ziel, uns interessiert mehr der Fluss und die Vegetation an seinen Ufern. Darüber hinaus wollen wir uns die Ponte D. Maria aus dem 18.Jahrhundert anschauen.
Wieder fahren wir vorbei an bunten Blumenwiesen und bizarren Korkeichengestalten. Plötzlich erstrecken sich frisch gepflanzte und terrassenförmig angelegte Eukalyptusplantagen vor unseren Augen.
Diese Eukalyptusterrassen, sie sehen ja irgendwie schon interessant aus, aber man kann sie auch kritisieren. Denn der Eukalyptus ist ein besonders schnell wachsender Baum, der wegen seiner guten Holzqualität, seiner Robustheit und Widerstandskraft sehr gerne wirtschaftlich genutzt wird. Aus seinem Holz werden beispielsweise Möbel oder auch Papier hergestellt und aus seinem Laub ätherische Öle gewonnen. Problematisch an den schnell wachsenden Bäumen ist, dass sie den Boden recht stark auszehren und ihn oft bis in die Tiefe austrocknen, da sie immense Mengen an Wasser benötigen.
Durch seine Eigenschaften und auch wegen seiner Giftigkeit für einige Tierarten und weil die Tiere in seinem einseitigen Umfeld kein Nahrungsangebot finden, verdrängt der Eukalyptus heimische Pflanzen und Tiere. Dies geht natürlich zu Lasten des ökologischen Gleichgewichtes und der Artenvielfalt. In Australien ist er die Nahrung der Koala-Bären, hier aber wird er nicht gefressen. Darüber hinaus wird durch die Monokultur mehr CO2 an die Atmosphäre abgegeben als die Bäume aufnehmen, insbesondere, weil es keine Altholzbestände gibt, denn die Eukalyptusbäume werden praktisch schon im Kindesalter wieder gefällt. Schon in fünf bis zehn Jahren kann ein stattlicher Baum von 30 Metern Höhe heranwachsen. Im Vergleich hierzu soll es in Australien Eukalyptusbäume geben, die ein stolzes Alter von mehreren hundert Jahren aufweisen. Nicht zuletzt birgt die Trockenheit natürlich die Gefahr von Waldbränden und das gleich in doppelter Hinsicht, denn die ätherischen Öle des Eukalyptusbaumes sind ja hoch brennbar.
Natürlich hat der Eukalyptus auch seine guten Seiten, so ist er doch eine der wichtigsten Heilpflanzen Australiens und auch wir kennen ihn als Helfer bei Husten, Erkältungen und Bronchitis. Jedes Kind kennt seinen Duft und auch ich muss dabei noch an Großmutters Hustenbonbons denken, die in grünes Papier eingehüllt waren und die sie wirklich immer in ihrer Handtasche hatte. Und auch wir können dem Duft nicht widerstehen und so nehmen wir uns einige Blättchen mit nach Hause. Nicht von der Plantage, lieber von den paar freistehenden Exemplaren, die wir rund um unsere Unterkunft finden.
Auf dem Weg nach Santa Clara bleiben unsere Busse natürlich auch schon einmal stehen und wir schwärmen aus, wie könnte es anders sein. Hie und da schauen und zupfen wir. Nach dem letzten Schauer klart es nun schon wieder ein bisschen auf. In der heckenartigen Straßenrandvegetation entdecken wir etwas Typisches. Erdbeerbäume! Erdbeerbäume sind strauchartige Gewächse aus der Familie der Heidekrautgewächse, aus ihren Früchten wird der traditionelle, portugiesische Obstschnaps Medronho gewonnen.
In Santa Clara angekommen beschließen wir gleich los zu ziehen und erst nach unserer Wanderung in den Ort zu schauen, um eine portugiesische Bica (Espresso) zu trinken. Vorbei geht es an rotem Klatschmohn, Wiesen mit Zittergras und Margeriten und an einem Granatapfelbaum mit wunderschönen orange-roten, wachsigen Blüten. Solange, bis wir am Ufer des Flusses “Mira” angekommen sind. Über seine volle Breite ist er über und über mit Seerosen bedeckt. Wir gehen weiter entlang seines Laufes und die Seerosen reißen nicht ab. So etwas haben wir noch nie gesehen – auf einem Fluss! Der Fluss fließt an dieser Stelle nur sehr langsam, sonst könnte es hier so einen Seerosenteppich gar nicht geben.
Und weiter geht’s am Fluss entlang. Die typisch flussbegleitende Vegetation ist hier noch üppig grün und eher selten für die doch weitgehend so wasserarme Region Alentejo. Über den Schwemmböden randlich des Ufers finden sich Gemüseanbauflächen sowie artenreiche, blühende Vegetations-Mosaike über humusarmen Schotterböden. Dominante Gräser sind verschiedene kleinwüchsige Wildgetreidearten. Das große Zittergras, unzählige Kleearten sowie eingestreute dornige Zwergsträucher der Garigue, einer degradierten Form der Macchie (immergrüne Gebüschformation der südlichen Mittelmeerländer, die entsteht, wenn die Wälder aufgrund von Nutzungen gerodet werden). Bei der Garrigue fehlen im Gegensatz zur Macchie auch die größeren Büsche und der Humus des Bodens ist weitestgehend aufgebraucht.
Portugiesische Wissenschaftler sollen heraus gefunden haben, dass der grüne Lavendel besonders wirksam gegen Hefepilze und Fadenpilze wirkt, die den Menschen befallen und u.a. für hartnäckigen Fuß- und Nagelpilz sorgen. Hierfür wird getrockneter Grüner Schopflavendel destilliert und das ätherische Öl äußerlich angewendet.
Besonders schön ist die Ponte D. Maria, eine Brücke aus dem 18. Jahrhundert, die nach römischen Vorbild errichtet wurde aber leider nicht mehr intakt ist. Die Brücke ist komplett aus Stein, eiserne Brückenelemente fanden erst im 19. Jahrhundert Einzug in die Region. Schon 1748 wurde die Brücke von Reisenden als Verbindung zwischen Lissabon und Albufeira erwähnt. Wir lassen den Platz auf uns wirken und verweilen eine Zeit bevor wir unsere Erkundungstour fortsetzen.
Andreas zeigt uns die Zaunrübe. Die Ranke führt im Jugendstadium autonome Kreisbewegungen aus. Hiermit erhöht sich für die Ranke die Wahrscheinlichkeit auf ein Hindernis zu treffen, an dem sie sich festhalten kann. Im obersten Drittel ist die Ranke am berührungsempfindlichsten. Berührung und Reibung lösen eine Krümmung aus und die Ranke findet Halt. Nachdem die Ranke sich aufgestützt hat, beginnt sie sich spiralförmig einzudrehen. Auf dem Foto sieht man vor der Spirale eine Vertiefung, das ist der Punkt, an dem die Eindrehung beginnt. Für die Pflanze hat das einen wichtigen Vorteil, denn es stabilisiert sie und macht sie z.B. unempfindlicher gegen Wind, denn die Ranke ist so viel robuster und sie kann nicht mehr so leicht abreißen.
Der Erdrauch hat grau-bläuliche Blätter, so dass man, wenn man aus der Ferne schaut glauben kann, dass von den Wiesen und Hügeln auf denen er steht, Rauch aufsteigt.
Am späten Nachmittag kommen wir zurück in unsere Anlage und haben heute noch eine entspannte Zeit bis zu unserem leckeren Abendessen. Gesellig klingt der Abend aus, heute mit einem Schnapserl, dem typischen Medronho vom Erdbeerbaum!
Alles Liebe
Eure Wilde Möhre
Fotos: ©Andreas Thomasser, ©Silja Parke, Eukalyptusfrüchte und Eukalyptusbaum entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0 von der kostenlosen Bilddatenbank Pixabay entnommen