Nachdem wir nach der langen Reise am Ende doch alle müde, aber glücklich müde waren, stehen wir am zweiten Tag unserer Reise entspannt auf. Hier wird man vom Ruf des Kuckucks geweckt, aus der Ferne läuten ein paar Glocken von den in weidenden Schafen und irgendwo schnauft ein Pferd. Frühstück ist erst zwischen 09:00 und 09:30 Uhr und jeder kann den Tag beginnen, wie er möchte. Herrliches Wetter und Sonnenschein begrüßen uns. Morgens ist es auch hier im Alentejo zu dieser Jahreszeit noch herrlich frisch und die Hitze kommt erst um die Mittagszeit. Manch mutiger springt schon in den Pool, andere erkunden das botanische Umfeld oder schlafen sich einfach einmal aus. Egal von welcher Seite der Anlage man aus dem Fenster schaut oder aus der Hintertüre auf die Terrasse heraus tritt, überall eröffnen sich einem wundervolle Blicke in die Korkeichenlandschaft. Nach einem wundervollen Frühstück in unserem geschmackvoll eingerichteten Frühstücksraum, wollen wir heute erst einmal die nähere Umgebung erkunden. Wir sind übrigens ganz allein in der Anlage, keine weiteren Gäste. Das alles ist wirklich wie für unsere kleine Gruppe gemacht und wir fühlen uns hier schon jetzt wie im Paradies. Isabel und ihr Sohn Tomás verwöhnen uns sehr und die Anlage liegt so abgeschieden, dass man hier so richtig entschleunigen kann.
Mit unserem Freund Wilfried Bedek und meinem Liebsten Andreas Thomasser haben wir zwei Experten dabei, beide Biologen und bewandert im Bestimmen der hiesigen Flora. Viele Teilnehmer haben Ausbildungen im Bereich Kräuter- und Heilpflanzen und ischon langjährige Erfahrung damit. Um so spannender für uns alle, hier nun eine andere Pflanzenwelt als in unserer Heimat vorzufinden. Ihr könnt euch vorstellen, dass wir von einer kleinen Begeisterungswelle in die nächste schwappen. Wir müssen tatsächlich lachen, denn mit so vielen Kräuterbegeisterten gestaltet es sich schwierig, überhaupt erst einmal von der Anlage weg zu kommen, finden wir doch schon in nächster Umgebung so viel Sehenswertes. Das Ratespiel geht los. Was ist das für eine Pflanze, ist sie giftig, ist sie ungiftig, was kann ich mit ihr machen, was machst du damit… und und und…
Schließlich schaffen wir es doch, uns weiter von unserer Anlage zu entfernen. Wir kommen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Überall blinken weiß die Zistrosen, lila der Schopflavendel, gelb die Margeriten, der Ginster und verschiedene Doldenblütler. Häuser oder Siedlungen gibt es an unserem Weg so gut wie nicht. Mal kommen wir an einer Hausruine, mal an einer zerfallenen Windmühle und dann doch mal an einem Bauernhof mit Ziegen vorbei. Auf den Masten haben sich die Störche ihre Nester gebaut. Uns bleibt wieder der Mund offen stehen: So viele Störche und so nahe!
Mittags hat Isabel wieder herrlich für uns gekocht. Coucous mit Kichererbsen, Geflügel mit Kartoffeln und Gemüse, landestypisch zubereitet und ein knackiger Salat. Zum Nachtisch Früchte. Wir gehen es wieder entspannt an und sitzen noch gemeinsam auf der schönen Veranda mit Blick auf den Pool und in das Hinterland. Nach und nach sucht sich jeder sein Plätzchen. Hier im Dias Distintos gibt es viele kleine Wohlfühlecken: In der Hängematte, unter der Korkeiche im Garten, am Hügel, der ins Tal abfällt mit einem atemberaubenden Ausblick. Wer es kühl mag, macht es sich im Aufenthaltsraum auf dem Divan gemütlich.
Am Nachmittag sind wir mit unseren Bussen ins Zentrum von Colos gefahren. Es ist ein winziges und verschlafenes Dorf, mit einem kleinen Mini-Mercato und einem Cafe, vor dem man stets Einheimische sitzen sieht. Als 15 Personen nacheinander den kleinen Laden betreten, staunt der junge Mann hinter der Kasse nicht schlecht. Wir treffen zufällig Isabel, die uns getrocknete und typische Teekräuter empfiehlt. Ich kaufe gleich vier verschiedene Sorten, von denen ich nicht weiß, um welche es sich handelt. Ich kann das ja in der Anlage noch bestimmen, denke ich. Neben Orangenblüten, Kugelamarant und Traumklraut, habe ich Löwenzahntee gekauft… haha, da muss ich lachen aber warum nicht? Der portugiesische Löwenzahn muss es doch in sich haben. Ich werde das testen.
Nach unserem kleinen Abstecher nach Colos sind wir mit dem Auto zu einem kleinen See in unserer näheren Umgebung gefahren, wo alle wieder ausgeschwärmt sind. Die Fotografen auf der Pirsch nach Vögeln und Libellen und die anderen nach botanischen Funden. Im Schatten der Korkeiche haben wir ein wenig die Seele baumeln lassen, bevor die meisten von uns den Rückweg zu Fuß angetreten haben. Glücklich und zufrieden haben wir den Abend in netter Runde in der Anlage ausklingen lassen. Mit Tomás haben sind wir noch ein bisschen ins Plaudern gekommen, er erzählt uns von seinen Großeltern, die eine Landwirtschaft betrieben haben, vom Leben hier im Alentejo und auch von den Problemen. In der wirtschaftlich schwachen Region ziehen gerade viele junge Leute raus, um sich auszubilden oder anderswo zu arbeiten. Einige kommen auch wieder zurück oder andere ziehen hinzu und starten mit guten Ideen neue Projekte. Das Alentejo steht vor der Herausforderung Tradition und Moderne miteinander zu verbinden. Vielleicht werden wir am Donnerstag bei unserem Besuch auf der Herdade do Freixo do Meio noch mehr darüber erfahren. Wir haben wieder herrlich gegessen, es war noch gesellig und dann sind wir müde, glücklich und zufrieden in unsere Betten gesunken.
Eine gute Nacht!
Eure Wilde Möhre
Fotos: ©Andreas Thomasser, ©Silja Parke
4 comments
Griaß Di Silja, einfach toll, ich freue mich, danke. LG Annemarie ?
Danke liebe Annemarie! Es hat wirklich super viel Spaß mit euch gemacht! 🙂
Liebe Silja vielen Dank für den täglichen Reisebericht. Es ist ein Traum wahr geworden mit dieser Reise. Wir freuen uns auf morgen.
Danke Ihr Lieben! Es war eine wahre Freude! Fortsetzung des Reisetagebuchs folgt!